Vertrauensaufbau sieht oft einfach aus und ist doch harte Arbeit.
Dass Vertrauen zwischen Käufern und Verkäufern wichtig ist, das hören wir immer wieder. Die Frage ist: Liegt das wirklich auf der Hand? Und gilt das auch für Unternehmen und in Zeiten, in denen die Kunden immer illoyaler werden?
Wussten Sie schon, dass B2B-Kunden im Durchschnitt sogar emotionaler mit ihren Anbietern und Dienstleistern verbunden sind als die Verbraucher? 70-90% der wichtigen und langfristigen Kaufentscheidungen in den Unternehmen werden am Ende nicht überwiegend rational, sondern auf Basis emotionaler Kriterien getroffen werden. Das ist belegt.
Während bei einfacheren Produkten der Anteil an Online-Käufen und der Wunsch der Kunden nach Self-Service im Internet stetig und teilweise rasant zunimmt, wird gleichzeitig das Vertrauen der Käufer zum Anbieter immer wichtiger.
Wie passt das zusammen?
Eine Mehrheit der Kunden in Unternehmen sagt von sich, dass das Vertrauen zum Anbieter und zum Verkäufer einen höheren Stellenwert hat als das beste Angebot. Das betrifft vor allem wichtige Kaufentscheidungen, mit denen die Unternehmen länger als 1-2 Tage, manchmal Wochen, Monate oder Jahre verbringen. Vertrauen in den Anbieter und sein Angebot ist für die Kunden in diesen Fällen noch wichtiger als das beste Produkt und der günstigste Preis.
Wir leben in einer Welt, in der die „Millennials“, die Generation der heute 25-40 Jährigen, immer stärker an Kaufentscheidungen beteiligt sind. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass bereits durchschnittlich mehr als 50 Prozent der Einkäufer in den Unternehmen dazu gehören. Die Generation der „Digital Natives“ ist dafür bekannt, immer illoyaler zu den Kunden zu werden. Diese neuen Kunden lieben Online-Angebote und die Möglichkeit für Self-Service im Internet. Und zwar in einem deutlich größeren Umfang, als die Anbieter das glauben.
Dieselben Kunden suchen bei kritischen Entscheidungen vor allem nach Sicherheit und nach einem Angebot, das zu ihnen passt. Umso stärker, je vergleichbarer und ähnlicher die Produkte und Angebote im weltweiten Wettbewerb werden. Und umso wichtiger die Kaufentscheidungen für die Entscheider in den Unternehmen sind.
Deshalb, gehen Sie online und bieten Sie den Kunden Self-Service im Internet immer und überall, wo das möglich ist. Rechnen Sie gleichzeitig damit, dass bei allen kritischen, weitreichenden Entscheidungen das Vertrauen zum Anbieter und zum Verkäufer die wichtigste Voraussetzung dafür ist, den Auftrag zu gewinnen. Denn die Entscheider wollen sich sicher fühlen. Sie wollen auf keinen Fall eine falsche Entscheidung zu treffen.
Dafür gibt es in den Unternehmen gute Gründe. Denn je weitreichender die Entscheidungen, umso größer die Verantwortung der Entscheider und umso größer ihr Risiko, sich dabei die Finger zu verbrennen. Denken Sie an Kaufentscheidungen, mit denen sich die Unternehmen längerfristig an einen Anbieter binden.
Sie fragen sich jetzt möglicherweise: Gibt es dafür nicht genügend bewährte Herangehensweisen, die auf einem rein rationalen Kriterienkatalog basieren? Bei denen die Unternehmen die Anbieter, aufgrund von technischen Spezifikationen, Zertifikaten, schriftlichen Zusagen, Referenzen und nicht zuletzt aufgrund des Preises ganz klar voneinander unterscheiden?
Selbstverständlich gibt es diese Kriterienkataloge, um nachvollziehbar aufzuschlüsseln, welches der beste Anbieter ist, der am Ende den Zuschlag bekommt.
Wie allerdings werden dabei Fragestellungen berücksichtigt, bei denen es darum geht: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Anbieter die schriftlich gemachten Zusicherungen am Ende auch einhalten könen? Wie gut oder schlecht ist der Service des Anbieters? Wie wird die Zusammenarbeit nach Auftragsvergabe dann tatsächlich aussehen? Die Liste lässt sich beliebig verlängern.
Eine Forschergruppe um Joseph Mikels hat 2011 die Schlagkraft von rationalem Abwägen bei komplexen Entscheidungen verglichen mit dem Ergebnis von intuitiv getroffenen Entscheidungen. In vier Experimenten wurde der Nutzen von Gefühlen und unbewussten Anteilen bei dieser Art von Entscheidungen untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass bei komplexen Sachverhalten die intuitiv getroffenen Entscheidungen deutlich besser abgeschnitten haben. Die Autoren empfehlen deshalb, lieber auf den Bauch als auf die Ratio zu hören.
Dass weiche Faktoren mehrheitlich sogar entscheidend sind für den Unternehmenserfolg ist heute kein Geheimnis mehr. Die Zeiten, in denen über weiche Faktoren nur hinter vorgehaltener Hand gesprochen wurde, sind erfreulicherweise vorbei.
Das gilt beispielsweise bei Fusionen und Übernahmen. In den vielen Fällen, in denen sie scheitern, sind überwiegend weiche Faktoren und keine rationalen Gesichtspunkte ausschlaggebend. Da geht es um Unternehmenskultur, Führungsstile, unterschiedliche Werte und Verhaltensweisen, und um Menschen, die einfach nicht zusammenpassen wollen. Die Liste gescheiterter „Ehen“ in den Unternehmen ist lang. In Westeuropa sind in einer Befragung der Hay Group über 60 Prozent der Befragten zum Ergebnis gelangt, dass weiche Faktoren Einfluss auf die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Unternehmenstransaktion haben. Zu dieser Erkenntnis gelangten sie im Nachhinein, aufgrund konkreter, eigener Erfahrungen.
So gesehen tun die Entscheider in den Unternehmen gut daran, nicht nur auf den Verstand und rationale Kriterien zu hören, sondern vor allem auch die weichen Kriterien mit einzubeziehen und auf ihren Bauch zu hören. Und genau das tun sie, wenn sie mehrheitlich von sich sagen, dass ihnen Vertrauen wichtiger ist als das beste Angebot.